Album der Woche: Slut - Alienation

Wer auf eine Karte blickt, auf der deutsche Indie-Bands verzeichnet sind, wird in Ingolstadt einen hellen Stern leuchten sehen. Dort nämlich, wo Slut ursprünglich herkommen und wo ihr Siegeszug einst begann. Nach Hitsingles, Bertolt-Brecht-Interpretationen und Juli-Zeh-Vertonungen folgt nun ein Geniestreich names "Alienation". Vorhang auf für dieses meisterliche Werk!

Sich der Band Slut mit Worten zu nähern, fällt schwer. Zu lange sind die fünf Jungs bereits zugegen. Wo also anfangen? 1996 beim ersten Album? 2001 beim großen Druchbruch? 2003 und dem Indiehit "Easy To Love"? 2006 bei der Dreigroschenoper-Interpretation oder doch 2009 mit der Vertonung von Juli Zehs Buch "Corpus Delicti"? Den vielen Facetten und verschiedenen Veröffentlichungen von Slut gerecht zu werden, scheint geradezu unmöglich. Sicher ist jedoch eines: Diese Band gehört auch ohne "Alienation" zu den wichtigsten Bands des Landes. Mit "Alienation" erreichen Slut jedoch eine neue Stufe ihres Schaffens. Sie stehen jetzt auf einer Ebene mit The Notwist und Radiohead. Ein größeres (musikalisches) Kompliment kann ich mir nicht vorstellen.

Ein Album wie "Alienation" mit Worten zu beschreiben, gleicht dem Versuch, eine einjährige Weltreise mit fünf Postkarten wiederzugeben. Wörter errichten Grenzen in den Köpfen, ehe auch nur ein Ton gehört wurde. Was bei fast allen Alben hilfreich ist, stört hier. Daher die folgenden Erläuterungen bitte mit Bedacht lesen und auf jeden Fall das Album anhören! Von Anfang bis Ende - und dann wieder von vorne.

Alienation beginnt mit "Anybody Have A Roadmap". Die ersten Sekunden, ein Loop wie eine Tür, durch die der Hörer gehen muss, gefolgt vom ersten Statement: "If you think that you have arrived, then your are not there." Ein Beginn nach Maß für dieses Album, das von der Gegenwart berichtet, in dem Wissen um Vergangenes, das aber mehr erreichen will als das bloße Wissen um den Ist-Zustand. Es folgt "Next Big Thing", ein Hybrid aus geradlinigem Rock und zitterndem Gesang, das in der Strophe vom Bass getrieben wird, um im Refrain anzukommen. Ein in sich geschlossenes Lied, das den Ausbruch probt, bevor dem hypnotischen "Broke My Backbone" der Durchbruch gelingt und das Album schließlich durchstartet. Basierend auf Loops und fiebrigen Rhymthus-Patterns geht es hin und her, dreht sich die Musik spiralförmig in einen Rausch, dem zu entrinnen kaum möglich ist.

Der Titelsong beginnt am Urspung dieses Albums, mit einem perfekt designten Sound und der Stimme von Chris Neuburger. Dann ein kantiger Rhymthmus, der sich im Verlauf exponentiell steigert. Im Grunde ein simpler Song, der zeigt, mit welcher Brillianz auf "Alienation" musiziert wird. "Silk Road Blues" treibt sich und den Hörer in einen Mahlstrom aus Gitarren und Sitarklängen. "Remote Controlled" bedient sich beim Geist des Post Punk und transformiert ihn in einen betörenden Refrain. Zwei Eigenschaften, die über das ganze Album zu hören sind. Musikalische Transformation und eingängige Refrains. Das simple Schema von Strophe und Refrain, nach dem Popmusik zwangsläufig funktioniert, wird von Slut durchbrochen und in den Kontext der Kunst gehoben. Die Band verliert dabei nie die Zugänglichkeit aus den Augen und bietet dem Hörer ein perfekt abgestimmtes Album.

Nach knapp über 50 Minuten kommt der letzte Akkord. Band und Publikum baden in Gänsehaut. Dann fällt der Vorhang. Erster zaghafter Applaus wird übertönt von Standing Ovations. Da reihen wir uns gern mit ein und verneigen uns zugleich vor dieser Leistung!

Verlosung

Wir verlosen zwei Exemplare des Albums "Alienation" unter allen, die bis zum 18.08.2013 um 23:59 Uhr eine Mail mit dem Betreff "SLUT" an [email protected] schicken.

Schlagwörter: Album der Woche , Slut

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