Album der Woche: Pharrell Williams - G I R L

Pharrell Williams klingt so, wie ein fabrikneuer Ferrari aussieht: sexy. Verführerische Stromlinien verbinden sich mit zeitloser Eleganz, die es fast unmöglich macht, seinen Liedern zu widerstehen.

Dass es Pharrell Williams versteht, aktuelle musikalische Strömungen zu beeinflussen, und eine Gabe hat, zu erahnen, welche Musik der breiten Masse in der nahen Zukunft gefällt, ist kein Geheimnis. 2013 ist dafür Beleg genug. Bei drei der wichtigsten Singles tanzte er mit: "Get Lucky" von Daft Punk, "Blurred Lines" von Robin Thicke und seinem eigenen Werk "Happy". Das Jahr also, in dem Pharrell Williams zu einer der wichtigsten globalen Marken aufstieg, die ganz oben auf der Mainstream-Welle reiten. Klar ist aber auch, dass in naher Zukunft vermutlich alles zu Gold wird, was dieser Pharrell Williams vertont. Sein neues Album "G I R L" schimmert schon verdächtig Golden und dürfte doch mit Platin überhäuft werden.

 

"G I R L" bringt alles mit, um Fans der drei oben genannten Lieder die Freudentränen in die Augen zu treiben. Wer also auf Pop abfährt, der mit viel R'n'B und Soul und einer Prise Funk eine breite Begeisterungsschneise schlägt und gern lässige Designer Klamotten mit coolen Sonnenbrillen zur Schau trägt, der sollte genug Taschentücher bereit halten. Der Künstler lotet diese Genres und Klischees so weit aus, dass der Verdacht aufkommt, Pharrell Williams hätte sich umbenannt und hieße ab sofort: The Artist Formerly Known As Pharrell Williams.

"G I R L" hält zehn bis aufs Äußerste arrangierte Songs parat, die gerade genug für sich sprechen, um nicht aus dem Rahmen zu fallen. In anderen Worten: Die Musik bietet die größtmögliche Schnittmenge, um 90 Prozent der Fahrgäste einer überfüllten U-Bahn die Zeit zu vertreiben. Allein die Tatsache, dass "Happy" einer dieser zehn Songs ist, zeugt davon. Denn ganz ehrlich, gibt es überhaupt jemanden, der "Happy" schlecht findet? Nicht jeder liebt ihn, manchen ist er vielleicht egal, aber nicht mögen oder gar hassen? Nein, das ist unvorstellbar.

Das ist ein Glück für das Album und auch sein größtes Problem. Die Oberflächlichkeit der Musik, die sich in einer solchen Aussage manifestiert, macht "G I R L" für all jene, die Musik nur nebenher hören, zu einer unterschiedsarmen Wüste an Belanglosigkeit. Aber Pharrell Williams wäre nicht Pharrell Williams, würde er das nicht für sich nutzen. Denn alle Lieder können aus dieser Unscheinbarkeit zu potentiellen Super-Hits werden, die im Windschatten von "Happy", mit dem richtigen Video und der richtigen Marketingaktionen begleitet, zu globalen Lieblingssongs wachsen. Wer den Weitblick hat, solche Lieder zu schreiben, der ist im Maßstab des Pops gemessen, ein Genie.

Trotz aller Genialität ist "G I R L" fast zu perfekt, um wahr zu sein. Das Album wirkt in manchen Momenten wie ein beliebiges Hochglanz-Magazin, das zwar im Kiosk deutlich hervorragt, aber nichts Neues bieten kann. Ein bisschen mehr Mut zum Experiment wäre für Pharrell Williams durchaus angebracht gewesen. Schlecht ist "G I R L" deswegen nicht - ganz im Gegenteil sogar. Aber für ein Genie gilt der höchste Maßstab und den erreicht Pharrell Williams leider nicht. Aber vielleicht hebt er sich das auch für einen späteren Moment auf und will mit "G I R L" einfach nur die Latte für Unterhaltungsmusik ein ganzes Stück höher legen. Das soll ihm erst mal jemand nachmachen.

Verlosung

Wir verlosen ein Exemplar von "G I R L" unter allen, die bis zum 10.03.2014 um 23:59 Uhr eine Mail mit dem Betreff "HAPPY" an [email protected] schicken.

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