Album der Woche: Billie Joe + Norah - Foreverly

Vorsicht, spannender war Langeweile selten. Denn auch wenn auf "Foreverly" erst mal nicht viel passiert, singen Billie Joe Armstrong und Norah Jones tolle Duette, die gehört werden müssen.

Stopp, halt! Wie bitte? Der Green-Day-Frontmann und das Jazz-Sternchen haben zusammen ein Album aufgenommen? Soll das jetzt ein punkiges Jazz-Album sein oder gar ein jazziges Punk-Album? Wer will denn sowas, wer kann das ertragen? Keine Sorge, weder das eine noch das andere ist der Fall - den Ohren bleibt ein solcher Crossover erspart. Dafür ergießt sich ein warmer Balsam an ursprünglichen Folk-Harmonien über den Hörer.

 

Melodien, die auf ihr Grundgerüst reduziert sind, liegen über minimal instrumtierten Liedern. Beim ersten Kontakt klingt die Musik so, wie es sich anfühlt, rein gar nichts zu tun. Schweben im gedankenleeren Raum. Erst ist das langweilig, dann aber zutiefst befriedend. Bereits der erste Song "Roving Gambler" lebt weniger von der Gitarre, die im Hintergrund ein paar Akkorde spielt, als viel mehr von Billie Joes und Norahs Stimmen. Erstaunlich harmonisch vereinen sich diese, obgleich sie aus so unterschiedlichen Genres stammen. Das funktioniert wundervoll, auch wenn der Hauch der Gefahr fehlt, der den Texten teilweise zugrundeliegt.

Nach Schießereien klingt "Foreverly" daher sicher nicht. Ganz im Gegenteil sogar. Die Lieder fügen sich eher in ihr Schicksal, als dagegen aufzubegehren. Weniger Johnny Cash, mehr Simon & Garfunkel. Oder eben The Everly Brothers, die all diese Lieder 1958 aufnahmen und die auf „Foreverly“ von Billie Joe und Norah Jones neu interpretiert wurden.

"Foreverly" zeigt deutlich, mit welchem Bombast heutige Produktionen arbeiten und wie sehr sich der Hörer an diesen gewöhnt hat und sogar nach diesem verlangt. Nichts da! Schlicht, schlichter, "Foreverly" heißt die Devise, die es schafft, die spannendste Langeweile seit vielen Jahren in großartigen Songs zu manifestieren.

Diese Musik ist daher wie der berühmt berüchtigte Fels in der Brandung, inmitten der stürmischen See. Auf diesem Fels steht ein Haus, in dem ein warmes Bett darauf wartet, dem Rastlosen ein Heim zu bieten. Die Harmonien auf "Foreverly" sind kuschliger als eine Decke es sein könnte und die Stimmen der beiden so eng umschlungen, als würden zwei Verliebte singen. Für immer.

Schlagwörter: Album der Woche

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