Album der Woche: A Tribute to Nils Koppruch + FINK

Dies soll kein Nachruf werden. Zum Tode von Nils Koppruch wurden bereits die richtigen Worte gefunden. Mit diesem Text wollen wir seine Musik ehren und nicht nur auf die gerade erschienen Tribute CD hinweisen, sondern auch auf sein musikalisches Lebenswerk, das als komplette Werkschau ebenfalls erhältlich ist.

"Manchmal drehe ich mich soweit um, das hinten vorne ist / Und behaupte, wenn man mich fragt, ich wäre Artist / Doch heut verrate ich was dabei geschieht / Das man die Welt von einer anderen Seite sieht."  aus Neuer Anzug

Musikalisch wanderte Nils Koppruch durch die Genres Indie und Country. Er begann damit,  noch bevor Johnny Cash mit seinen America Recordings den Country als Kunstform vom biederen Image befreite. Nils Koppruch legte den Grundstein dafür 1996, zu einer Zeit in der die Hamburger Schule, um Bands wie Tocotronic und Blumfeld, einen Siegeszug sondergleichen vollzog und den deutschen Indie definierte. Nils Koppruch war das egal. Mit seiner Band Fink bastelte er mit Steel Guitar, Banjo und Mundharmonika an immer neuen Alben. Jahr für Jahr mit einer Qualität, die sich zwangsläufig durchsetzen musste. So geschehen mit "Mondscheiner". Aber auch nach seiner Zeit mit Fink war Nils Koppruch nicht müde, seine poetischen Texte mit countrylastiger Musik zu untermalen. Zwei Soloalben und das viel beachtete letzte Projekt Kid Knopphausen zeugen davon.

"Ich hab am Wasser gesessen / Und dabei zu gesehen / wie alles wegschwamm / und ich konnte nicht gehen" aus Wenn du mich suchst

Im Laufe der Zeit entstanden viele Songs. 28 dieser Lieder wurden von Künstlern neu interpretiert und zu Ehren Nils Koppruchs auf 2 CDs gebannt. Mit dabei sind tolle Aufnahmen von Olli Schulz, Niels Frevert, Moritz Krämer, Fehlfarben und natürlich von Gisbert zu Knyphausen, mit dem zusammen Nils Koppruch das Duo Kid Knopphausen gegründet hatte. Allein diese Doppel-CD wird dem Schaffen von Nils Koppruch nicht gänzlich gerecht. Dafür hat dieser Poet zu viele Worte und Lieder geschaffen. Umso besser, dass zeitgleich mit der Tribute-CD auch das komplette (musikalische) Schaffen von Nils Koppruch in einer Box veröffentlicht wird.

"Einmal ging ich selbst mit dem Messer auf mich los / dachte ich sei verrückt geworden / stellen Sie sich das mal vor / Ich ging selbst mit Messer auf mich los / Naja, vielleicht ja nur ein Reflex" aus Messerkampf

Als Texter bewohnte Nils Koppruch ein Haus mit doppeltem Boden. Dort, wo plötzlich ein Strick von der Decke hängt und auf den einen Kopf wartet. Dort, wo schief hängende Bilder an Zimmerwänden der Norm des Alltags trotzen. Aber nicht nur das; wie ein Trapper in der Wildnis stellte er Fallen aus Sätzen und fing so reihenweise Hörer mit seinen Worten.  Er war darin Meister und fand immer neue Wege anhand von alltäglichen Situationen die ganze Last der Welt zu offenbaren. Im positiven wie negativen Sinn, fröhlich, melancholisch oder alles zusammen.

"Also lass uns einfach weiter / Auf der Suche nach dem Glück / An allen beiden Enden kommt am Tunnel wieder Licht" aus Kein schönes Lied

Seine Lieder waren und sind wie der Talisman im Dunkeln, wie ein Schutz vor Geistern, die zu rufen ein jeder von uns zu verhindern sucht. Lieder, die den Ort erhellen, an dem jeder für sich allein ist und mit dem Leben klar kommen muss. Nils Koppruch wollte seine Hörer aber nicht schulterklopfend begleiten, auf den rechten Weg des Lebens führen oder sie dort halten, sondern jeden möglichen Weg als Gelegenheit aufzeigen. Nils Koppruch hat dies mit außergewöhnlicher Eleganz umgesetzt. Ob melancholisch oder mit trockenem Humor, seine Palette an Metaphern war riesig, ebenso wie seine Gabe, Beobachtungen aus der Gesellschaft in ein entwaffnendes Licht zu rücken und mit Augenzwinkern stehen zu lassen:

"Jeder Dumme August wird um seinen Rat gefragt / Man jubelt / Und buht ihn später aus." aus Niemand gibt gern auf

Danke Nils Koppruch für deine Musik und deine Texte. Sie sind dein Vermächtnis auf ewig. Die Tribute CD sowie die Werkschau sind hiermit jedem ans Herz gelegt, der sich ein wenig für Musik interessiert. 

"Du bist der längste Tag im Jahr / Und du bist der Moment / Und das ich dich getroffen haben / Das nehm ich als Geschenk". aus Wohin du gehst.